Die Heidewirtschaft, eine sehr extensive Form der Bodennutzung, wurde vom Mittelalter bis zu Beginn des Industriezeitalters (ab 500 – Ende 19. Jh.) praktiziert. Ihre Merkmale sind ein kontinuierlicher, kleinflächiger Getreideanbau, hohe Viehhaltung bei knapper Futtergrundlage und eine hohe Arbeitsintensität.
Zur Zeit der Heidewirtschaft kannte man noch keine Dreifelderwirtschaft, man baute solange Roggen auf Roggen, bis die Erträge nachließen, danach folgten Rauhafer und dann Buchweizen. War der nährstoffarme Sandboden durch die ständige Rohhumusdüngung versauert und durch die einseitige Nutzung erschöpft, diente er einige Jahre als Schafweide. Um einen Morgen (2500 m²) Acker über längere Zeit ertragsfähig zu halten, waren 10 bis 30 Morgen Heide zur Düngung nötig, daher ergibt sich für den idealtypischen Heidehof eine Flächenverteilung von 82% der Gesamtfläche Heide, und nur 10% Ackerland.
Die die Heidewirtschaft kennzeichnenden Tiere sind die Heidschnucken und die Bienen, diese stehen in enger Beziehung zueinander: Vom Schaf erhält man Fleisch, Wolle und Dung zur Anreicherung der nährstoffarmen Äcker, die Bienen produzieren Honig, der damals sehr wichtig war, da Rübenzucker Mangelware war. Entscheidend für diese Zusammenstellung von Schnucke und Biene ist aber die Tatsache, dass die Schnucken beim Weiden die Spinnennetze über den Heideblüten zerrissen (Spinnen waren eine große Gefahr für Bienen) und durch Verbiss des Heidekrautes für eine dauernde vegetative Verjüngung sorgten. Zusätzlich schufen sie durch Verletzungen der Rohhumusdecke ideale Keimungsbedingungen für die Heide. Die Bienen bestäubten ihrerseits die Heideblüten und sorgten so für den Fortbestand der Schafnahrung. Die großen, gemeinschaftlich genutzten Heideflächen waren unentbehrlich. Sie dienten vor allem der Ernährung der Schafe (pro Schnucke wurden 0,5 ha Weidefläche benötigt), waren aber auch für die Düngung der Äcker von Bedeutung. Da das wenige vorhandene Getreidestroh als Winterfutter für die Rinder benötigt wurde, mähten die Bauern Heide, um Laub- und Strohersatz für ihre Viehställe und als zusätzliches Futter für lange Winter zu erhalten. Zur Gewinnung der Heide als Strohersatz gab es 2 Möglichkeiten:
- Gewinnung von Streuheide: Ältere Heidebestände wurden mit der „Twicke“ oder „Heidesense“ dicht über der Erdoberfläche abgehauen und zusammen mit Moosen, Flechten und Kiefernnadeln als Stallstreu verwendet. Die so genutzten Flächen konnten nach 4 bis 10 Jahren erneut genutzt werden.
- Gewinnung von Plaggenheide: Die Heidenarbe wurde einschließlich der durchwurzelten oberen Erdschicht (2,5 bis 10 cm) mit sogenannten „Plaggenhauen“ abgeschält. Da die Heideplaggen neben organischen Bestandteilen einen großen Mineralbodenanteil enthielten, trug diese Gewinnung der Heide zur Verarmung des Bodens bei. Die Regeneration der abgeplaggten Flächen dauerte 20 – 40 Jahre. Die so gewonnene Heide wurde zum Auslegen der Schafställe benutzt. Anschließend wurde sie, vermischt mit dem Dung der Tiere, zur Düngung der Äcker verwendet.
Ende des 18. Jh./Anfang des 19. Jh. wurden durch den zunehmenden Bevölkerungsdruck immer höhere Ansprüche an die Heidweiden gestellt. Die dauernde Übernutzung (übermäßige Beweidung und Abplaggen) hatte zur Folge, dass die abgeplaggten Heideflächen zu ihrer Regeneration immer längere Zeiträume benötigten und die Nährstoffarmut der Heideböden vielerorts geradezu extreme Formen annahm. Dadurch wurde das Verhältnis zwischen Acker und nutzbaren Weideflächen immer ungünstiger, was wiederum den Druck auf die verbleibenden Heideflächen verstärkte. Vor allem in der Nähe der Höfe, Äcker und Stallungen wurde die Heide wegen der kurzen Transportwege ständig übernutzt, so dass eine Wiederbesiedlung schließlich kaum noch möglich war. Es blieben völlig verwüstete vegetationsfreie Sandflächen zurück, teilweise bildeten sich sogar wandernde Sanddünen und Flugsandfelder. In der Spätzeit der Heide (Ende 18. Jh.) waren vermutlich nur noch etwa ein Drittel der Heideflächen als Schafweide geeignet, die übrigen zwei Drittel waren mehr oder weniger verhauen.
Ab 1800 verarmte die Bevölkerung immer mehr, es kam zu verstärkten Auswanderungen nach Amerika. Viele Bauern gaben ihre Höfe auf, diese gingen an den Staat über. Es kam zu einer ökologischen und ökonomischen Krise, die durch die anhaltende Bevölkerungszunahme in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. noch verschärft wurde. 1802 kam es zu Gemeinheitsteilungen und Verkoppelungen. Dies bedeutete eine Neuordnung der Flur, wobei der gemeinsame Besitz des Dorfes auf die ansässigen Bauern je nach Viehbestand verteilt wurde. Durch diese Aufteilung reichte das Gebiet der einzelnen Bauern bei der Plaggen- und Streuheidengewinnung in der Regel nicht mehr aus, die Übernutzung der Heide verschärfte sich sogar noch, da zusätzlich auch ein Teil der früher genutzten Flächen zur Ablösung der grundherrlichen Rechte an den Staat gegeben werden mussten.
Dadurch kam es zum absoluten Tiefpunkt: Die Heideweiden waren total übernutzt und verhauen, das Ackerland war durch vorherrschenden Roggen-Einfruchtanbau erschöpft und aufgrund der ständigen Rohhumusdüngung versauert. Als dann gegen Ende des 19. Jh. auch noch Absatzschwierigkeiten für Schafwolle dazu kamen, verloren die Heideflächen ihre wirtschaftliche Funktion. Die Heidewirtschaft war am Ende.